Nilkreuzfahrt [von Janette]
Als die Boeing 737 auf dem Flughafen von Luxor gelandet ist, fühlen wir uns schon wie in einer anderen Welt. Beim Aussteigen schlägt uns angenehm warme Luft entgegen, freundliche Menschen arabischen Aussehens versorgen uns noch bevor wir den Flughafen verlassen haben mit kleinen Wasserflaschen. Bald erreichen wir unser Schiff, das für die nächsten vier Tage unser Zuhause sein soll. Unwillkürlich werden in mir Erinnerungen an Agatha Christies „Tod auf dem Nil" wach, so luxuriös ist die Ausstattung.
Unsere Schiffskabine liegt auf Augenhöhe mit dem blauen Wasser des Nils, die Kabine mit ihren drei Betten und das kleine Bad bieten darüber hinaus alles, was man für einen angenehmen Urlaub braucht.Den ersten Abend unserer Reise verbringen wir in einer kleinen Kutsche, die unser Kutscher mit einem Augenzwinkern seinen Ferrari nennt. Die Stadtrundfahrt durch Luxor führt uns an Händlern, die ihre Ware unter freiem Himmel anbieten, an verschleierten Frauen und schmutzigen Kindern, an üppigen Blüten und prächtigen Minaretten vorbei. Anschließend geht es zu Fuß zum nahe gelegenen Luxortempel, dessen große, beleuchtete Säulenhalle sich gegen den mittlerweile schwarzen Nachthimmel abhebt. Zurück auf unserem Kreuzfahrtschiff erwartet uns ein traumhaftes Abendbüffet, das keine kulinarischen Wünsche offenlässt.
Der darauffolgende Tag beginnt sehr früh, das Morgengrauen erleben wir bereits auf dem großzügigen Sonnendeck. Das neben den Pyramiden von Gizeh wohl beeindruckendste Bauwerk des Alten Ägypten – der große Tempel von Karnak – steht auf unserem heutigen Ausflugsprogramm. Die gigantischen Säulen, die riesigen Pylonen und der heilige See übertreffen alle unsere Erwartungen.
Unser Bus bringt uns anschließend an die gegenüberliegende Uferseite des Nils, auf der uns schon die kolossalen Memnon-Kolosse erwarten, die einst Teil einer ganzen Tempelanlage waren.
Wie von den alten Göttern mitten in die Wüste gesetzt, wirkt dagegen der streng aufgebaute Hatschepsut-Tempel, zu dem wir in kleinen Zugwaggons gebracht werden. Mittlerweile ist die ägyptische Hitze beinahe unerträglich geworden und beim anschließenden Besuch des Tals der Könige steigt das Thermometer auf 40 °C. Im Tal der Könige stehen abwechselnd wenige Gräber für die Besucher offen, doch diese weisen so beeindruckend schöne Wandmalereien auf, dass man darüber beinahe die drückende Hitze vergisst, die hier sogar unter der Erde herrscht.
Die Rückfahrt im angenehm klimatisierten Reisebus gibt uns einen guten Überblick über das ägyptische Leben außerhalb der größeren Städte. Grüne Felder und kleine Rinderherden, Esel und Ziegen säumen die holprigen Straßen. Die Kanäle, die das Land durchziehen, sind gefüllt mit allerlei Unrat, Müll und Tierkadavern. Ein großer Gegensatz zu den prachtvollen Bauten, die wir zuvor besucht haben.
Tief beeindruckt von der ägyptischen Hochkultur kehren wir auf unser Schiff zurück. Während des üppigen Mittagsbüffets, bei dem uns wieder derselbe Kellner zur Verfügung steht wie am ersten Abend unserer Reise, stechen wir in See und lassen Luxor hinter uns.
Das Sonnendeck unseres Schiffes bietet genügend Platz für alle Passagiere und so verbringen wir den Nachmittag damit, die vorüberziehende Wüstenlandschaft, üppig grüne Palmen, kleine Ortschaften mit ihren Minaretten, die Waschfrauen und Fischer in ihren Booten und planschende Kinder zu beobachten. Ein tiefes Gefühl der Bewunderung für dieses einzigartige Land erfüllt uns und glücklich entspannen wir auf unseren Liegestühlen.
Auch den heutigen Abend verbringen wir unter freiem Himmel und lassen bei fruchtigen Cocktails die glitzernden Lichter des Nilufers an uns vorüberziehen.
Am nächsten Morgen erwachen wir an der Anlegestelle Esna. Unser Weg führt uns durch einen orientalischen Basar, der bunte Gewänder, geschnitzte Skarabäen und allerlei Gewürze bereithält. Ziel ist der Tempel Chum, dessen rauchgeschwärzte Decken den einstigen Aufenthalt napoleonischer Soldaten bezeugen.
Nach dem Mittagessen steht uns ein Besuch des Horustempels von Edfu bevor, der neben überaus hübschen Hieroglyphen auch ein paar Geheimgänge bereithält. Der große steinerne Falke am Eingang des Tempels lässt keinen Zweifel daran, wer hier einst herrschte.
Auch dieser Tag klingt auf dem Sonnendeck des Schiffes, das mittlerweile zu unserem Lieblingsplatz geworden ist, mit frischem Mangosaft aus. Todmüde fallen wir in unsere Betten und lassen die Erlebnisse des Tages an uns vorüberziehen.
Als wir am nächsten Morgen auf das Deck des Schiffes treten, erhebt sich hinter einem Park mit duftenden Oleanderbäumen der Doppeltempel von Kom-Ombo. Bewundernd stehen wir ein paar Minuten nur da und betrachten dieses beeindruckende Bauwerk, bevor wir uns auf den Weg zur Besichtigung machen. Der Doppeltempel ist streng symmetrisch aufgebaut und zur Hälfte Sobek und Horus gewidmet. Mumifizierte Krokodile erinnern an den einstmals sehr lebendigen Sobek-Kult an dieser heiligen Stätte.
Nach dem Mittagessen auf unserem Schiff bringt uns ein Bus zum Staudamm von Assuan. Die Höhe des Staudammes bietet einen fantastischen Blick auf den riesigen, dunkelblauen Nassersee. Ein starker Wind bläst uns hier oben beinahe die Sonnenhüte von den Köpfen, ohne die Besichtigungstouren wenig empfehlenswert sind.
Vorbei an herrlichen Bougainvilleen und Oleandern, die mitten aus dem staubigen Wüstensand zu wachsen scheinen, fahren wir weiter zu einer kleinen Ortschaft, von der aus wir den Isistempel von Philae besuchen möchten. Ein gemütliches Motorboot bringt unsere kleine Gruppe auf die paradiesische Insel, die den Tempel beherbergt. Der leuchtendblaue Nil bildet einen wunderschönen Kontrast zum Grün der Bepflanzung und zu den strahlenden Steinen der Tempelanlage.
Die kommenden zwei Stunden verbringen wir wiederum auf einem sacht dahingleitenden Motorboot, das sich durch die zahlreichen Arme des letzten Teils des Nils schlängelt und uns vorbei an bizarren Felsformationen, Palmen und Sand, grüner Vegetation und Wasserbüffeln führt. Eine Kamelkarawane erscheint am weit entfernten Horizont und verschwindet in der Wüste, die einen starken Kontrast zur üppigen Fruchtbarkeit der Nilufer bildet. Auf der Insel Elephantine erscheint das Luxushotel, in dem Agatha Christie ihren nahezu berühmtesten Kriminalroman geschrieben hat.
Um uns den Abschied von diesem Paradies noch mehr zu erschweren, bereiten die Köche des Schiffes am Abend ein üppiges Fisch- und Meeresfrüchtebüffet zu.
Die letzte Nacht auf dem Schiff bricht an und wir verbringen noch so viel Zeit wie möglich auf unserem geliebten Sonnendeck, das uns, umhüllt von den Lichtern des nahen Assuan, noch ein letztes Mal in unserem Urlaub in ein Märchen aus 1001 Nacht versetzt.
Als wir am nächsten Morgen schließlich im Flugzeug sitzen und langsam abheben, sehen wir den gelb-roten Wüstensand unter uns und sind uns sicher, dass wir irgendwann einmal wieder kommen werden, ins Land der Pharaonen.
Janette