Tunesien - Karl May hätte seinen Spaß! [von Olli]

Urlaub in TunesienIm vergangenen Jahr haben meine Freundin und ich unseren ersten gemeinsamen Urlaub im Ausland verbracht. Unser Urlaubsziel sollte, wenn irgendwie möglich außerhalb Europas liegen. Wir betrachteten uns diverse Kataloge und stellten fest, unsere Urlaubskasse ist für extrem weite Ausflüge immer noch etwas zu klein.
Nach einigem überlegen und herumschauen, fanden wir einen Bericht über Tunesien.

Nun sind wir beide nicht unbedingt daran interessiert in einem Hotel oder Club zwei Wochen auf dem Gelände zu bleiben, da das Umfeld, die Umgebung und die Einheimischen zu gefährlich sind , um sie auf eigene Faust kennenzulernen. Solch Möglichkeiten finden sich in Tunesien sehr zahlreich. Wir suchten etwas ganz besonderes und fanden es schließlich auch. Ein kleines Hotel in der alten Stadt Monastir. Monastir liegt direkt an der Mittgelmeerküste.
Etwa 71.000 Menschen nennen die Stadt ihre Heimat. In den Sommermonaten kommen dazu noch tausende Urlauber und Besucher.
In der Antike befand sich an der Stelle des heutigen Monastir die phönizisch-römische Stadt Ruspina.

Die Römer nutzen die strategisch günstige Lage und auch die Araber, welche später die Herren Monastirs wurden, erkannten bald die Vorteile.
Eine mächtige Festung liegt direkt oberhalb der netten Strandpromenade. Welche in den Abendstunden von dem Einheimischen, als auch von den Touristen, als Flaniermeile genutzt wird.
Wir hatten uns ein kleines Hotel ausgesucht. Natürlich findet man in Monastir auch die ganz typischen weißen Touristenbunker mit Bars, Restaurants, Clubs und Pool. Wir haben aber ganz gerne unsere Ruhe und wollen normalerweise nicht von braungebrannten „Möchtegern Casanovas" zum Volleyball, Boga oder Karaoke genötigt werden. Wir wollen etwas von Land und Leute kennenlernen.
Das besondere an unserem Hotel war die Tatsache, dass es sich direkt, wirklich direkt am Strand befand. Unterhalb der bereits erwähnten Strandpromenade zog es sich auf einer Ebene entlang. Es war kein wirkliches Luxushotel, aber es genügte völlig unseren Ansprüchen.
Die Sprache war Französisch, wie überall in Tunesien, außer Arabisch. Mit Englisch kam ich auch gelegentlich über die Runden... Meine „Bessere Hälfte" spricht fließend Französisch, so war es für uns also kein Problem.
Der Flug nach Tunesien verlief ruhig. Kaum 2 Stunden dauerte die ganze Prozedur und wir waren in Nordafrika angekommen. Der Zielflughafen war zufällig auch Monastir. Das heißt, von Landepunkt zum Hotel war es ein Katzensprung, der dank der guten Organisation unseres Reiseveranstalters auch gut und schnell zu bewältigen war.
Wir wurden sehr nett mit einem kleinen Cocktail empfangen. Wir waren die einzigen Gäste, die an diesem Tag ankamen. Später erfuhren wir, dass wir uns zufällig einen Geheimtipp als Hotel ausgewählt hatten, in welchem normalerweise Franzosen und Einheimische übernachten. Uns war diese Tatsache ganz recht, da wir so etliche interessante Bekanntschaften schließen konnten und dadurch eine Menge tunesische Insiderinformationen erhalten konnten.
Der Strand, direkt unterhalb unserer Terrasse, war öffentlich. Das bedeutet, zahllose Einheimische nutzen die herrliche Lage. Wir hatten keinen hoteleigenen Strand und kein Pool. Damit hatten wir auch nicht gerechnet und es machte uns in keinster Weise etwas aus. Der Reiseveranstalter hatte uns informiert, dass es kein Problem wäre den Pool eines nahegelegenen Hotels, welches sich in ihrem Angebot befand, mit zu nutzen. Diese Möglichkeit nahmen wir allerdings nur ein einziges Mal wahr und verloren bald schon die Lust an gechlortem Wasser und sonnenverbrannten Rothäuten, die nur Deutsches Bier und Schnitzel tranken und aßen.
Monastir liegt sehr günstig, um auch andere Sehenswürdigkeiten und Städte zu besuchen.
Port el Kantaui, Sousse und Tunis sollten unbedingt besichtigt werden.
Die Stadt Monastir selbst ist eine typische Stadt Nordafrikas. Eine alte Medina, eine Innenstadt, mit engen Gassen bildet den Mittelpunkt. Hier sollten sich Touristen nicht unbedingt in jeden kleinen Laden zerren lassen. Wichtig ist es zu wissen, dass diese Läden einem engen Gang ähneln. Erst einmal drinnen versucht der Besitzer den Kunden in die hinterste Ecke zu manövrieren. Er selbst versucht nun den ahnungslosen Touristen im Laden zu halten, bis er schließlich etwas gekauft hat. Ein Bummel kann hier schnell erstens teuer und zweitens sehr nervtötend sein. Jeder Besitzer nutz die Enge der Gassen aus und zerrt und zieht die Besucher in die Läden.
Konsequent und sehr bestimmend sollten die Herren einer Reisegruppe auftreten. So entgeht man am allerbesten den „Angriffen". Ohnehin sollten sich Besucher nur in größerer Zahl und in der Gruppe in die Medina wagen.
Taschendiebe gibt es tatsächlich, ob man es glaubt oder nicht, auch hier.
Unbedingt sollte sich der Besucher die Festung der Stadt anschauen. Hier wurde in den Jahren 1978 und 1979 der Film „Das Leben des Bryan" gedreht. Auch die Macher des Films „Passion Christi" nutzt das spektakuläre Gebäude, das im Jahre 796 errichtet wurde.
Die Tatsache, dass unser „Hotelstrand" öffentlich war, bescherte uns die interessantesten Kontakte und letztlich auch diverse Freundschaften, die sich auch bis nach dem Urlaub erhalten.
Eines Abends lehnte ich am Geländer unserer Terrasse und betrachtete den herrlichen Sonnenuntergang, als ein kleines Mädchen vor mir am Strand mit zwei Tassen Tee auftauchte.
Sie gehörte zu einer Familie, welche sich schon die letzten Tage den Bereich unterhalb unseres Zimmers als Liegeplatz auf dem Sandstrand auserwählt hatte.
Ich rief meine Freundin und wir bedankten uns bei der Kleinen.
Letztlich endeten wir im Kreise der Familie, wo wir einen wunderschönen Abend verbrachten.

Einige Tage später, wir hielten den Kontakt aufrecht, holte uns der Vater, welcher in Paris im Louvre arbeitet, mit seinem Auto ab und wir fuhren zu ihnen nach Hause auf das Land. Natürlich taten wir das erst, als wir mit dem Hotel unseren Aufenthaltsort abgeklärt und sichergestellt hatten, dass die Familie entsprechend bekannt ist.
Hier nun entdeckten wir das wahre Tunesien.
Wie in den Beschreibungen eines Karl May nahmen wir in einem gekachelten Innenhof unter Datteln und Feigen, Orangen- und Zitronenbäumen unser Couscous ein.
Die älteste Tochter des Hauses hatte kurz zuvor geheiratet und so wurden wir mit den Hochzeitsgewändern gekleidet. Das ganze Dorf kam zusammen und bestaunte den Besuch auch Deutschland. Musik und Essen, elementare Dinge des Lebens in Tunesien – herrlich!
Später machten wir einen Ausflug in die nahe gelegene Sahara, in Höhlenstädte und ausgedehnte Oasen.
Dieser Urlaub bleibt stets in unserer Erinnerung. Vielleicht kann er eines Tages einmal wiederholt werden.
Jeder der Ursprünglichkeit, freundliche Menschen, herrliches Wetter und Abenteuer sucht, dem sei Tunesien empfohlen.

Olli