Lhasa - Mein Urlaub [von Nadine]

Urlaub in LhasaDer beschwerliche Weg auf das Dach der Welt
Pünktlich zum Ende der besonders kalten Jahreszeit machte ich mich mit meiner besten Freundin auf den Weg nach Tibet. Wir hatten uns für vier Wochen von allen Verpflichtungen befreien können und wollten mit diesem Urlaub auf eine spirituelle und kulturelle Entdeckungsreise gehen. Zum Glück bekamen wir einen Lastminute-Flug, der unsere Reisekasse nicht zu sehr strapazierte. Vom Flughafen Frankfurt am Main aus flogen wir bis Peking, wo wir direkt in die Lhasa-Bahn umstiegen. Wir waren beide gespannt auf die neu gebaute Eisenbahnstrecke, die laut Reiseführer atemberaubende Rekorde bricht. Leider fuhren wir erst viele Stunden durch China, dann wurde es Nacht und wir haben aufgrund des Jetlags jede Menge Schlaf nachholen müssen. Was im übrigen nicht ganz einfach ist, wenn man auf recht unbequemen Holzbänken mit viel zu vielen Menschen in einem stickigen Abteil sitzt. Nach geschlagenen zwei Tagen kamen wir müde und entnervt in Lhasa an und waren froh über unser kleines aber sauberes Hotel in der Altstadt von Lhasa. Es gehörte einem jungen Tibeter, der es von seinem Vater übernommen hat. Die liebevolle Einrichtung und herzliche Gastfreundschaft trösteten über unsere Anzeichen der Höhenkrankheit hinweg.

Lhasa - ein Ort der Götter
Nach einer langen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück stand auf unserem Reiseplan als erstes ein Besuch im Potala Palast. Wir wussten im Vorfeld, dass lange Warteschlangen an der Tagesordnung sind und so stellten wir uns pünktlich zum Sonnenaufgang auf den betonierten Vorplatz des einstigen Winterpalastes des Dalai Lama. Bis weit vor die weiß getünchten Mauern klang das Gebet der Mönche mit dem traditionellen Gong und den Gebetsmühlen. Wir mussten bis zum Mittag auf den Einlass warten und kamen mit einigen Tibetern, anderen Touristen und sogar Chinesen ins Gespräch. So kamen wir auch an Geheimtipps, wo man am Besten einkaufen und essen gehen kann. Doch im Potala verschlug es uns dann endgültig die Sprache. Überlebensgroße Wandgemälde von Buddhas und anderen Heiligen des tibetischen Buddhismus zierten die Wände. Jeder Raum war erfüllt vom Duft nach Räucherstäbchen und Butterlampen. Es war ein magisches Gefühl, durch diese Räume zu gehen, die einst das Zuhause des Dalai Lama waren. Am Nachmittag erkundeten wir einige Märkte und deckten uns mit landestypischen Köstlichkeiten ein. Auch die nächsten Tage in Lhasa verbrachten wir damit, alte Gebäude, heilige Stätten und traditionelle Geschäfte aufzusuchen. Darunter war natürlich auch ein Besuch im Tibet Museum unweit des Norbulinka in Lhasa.

Weiterreise nach Shigatse
Nach knapp zwei Wochen Urlaub in Lhasa wurde es uns in der sehr chinesischen Stadt zu langweilig und so beschlossen wir, mit dem Bus weiter nach Shigatse zu fahren. Die zweitgrößte, tibetische Stadt liegt ebenfalls im Süden des Landes und soll nach Angaben vieler Reisender weniger westlich sein. Also buchten wir Bustickets, warteten fast fünf Stunden auf den Bus und hielten während der ganzen fahrt den Atem an. Es grenzt wirklich an ein Wunder, dass dieser altersschwache Bus uns ohne Panne von Lhasa nach Shigatse bringen konnte. Vielleicht liegt das ein bisschen auch am Schutz der unaufhörlich meditierenden Mönche, die mit uns fuhren. In Shigatse fanden wir schnell ein günstiges Hostel, in dem wir nur schnell unsere Sachen verstauten und dann direkt zum Tashilhunpo Kloster fuhren. Dieses Kloster ist das größte der Gelugpa Tradition und darf noch heute, nach den harten Jahren der Kulturrevolution, Mönche ausbilden. Wir setzten uns einige Zeit zu den Pause machenden, jungen Männern und mit meinen Sprachkenntnissen aus der Uni gelang mir sogar ein Dialog. Sie erzählten von einem anstehenden Fest und dass wir unbedingt nach Lhasa kommen müssen, um uns das Fest anzusehen. Wir willigten zwar ein, wollten aber vorher noch andere Orte besuchen. Im Kloster Tashilhunpo konnten wir uns die weit über 20 Meter große Buddhastatue ansehen. Sie ist der Schatz dieses Klosters und wir waren beide gefangen von der Schönheit dieser Nachbildung des Buddha. Angeblich soll es ja Glück bringen, wenn man einem Buddha über den Bauch streichelt und so konnten wir der Versuchung nicht widerstehen.

Zwei weitere Klöster und viele Mönche und Nonnen
Nach unserem Aufenthalt in Shigatse, wo wir aufgrund einer Magenverstimmung ein paar Tage länger blieben als geplant, reisten wir noch die beiden anderen großen Klöster der Gelugpa Tradition an. Unsere Reise führte uns nach Ganden und Sera. Beide Orte waren ebenso heilig und beeindruckend, wie auch Tashilhunpo zuvor. Ich konnte meine Sprachkenntnisse aufbessern, hörte viele Geschichten und kaufte mir eine Mala - eine traditionelle Gebetskette der Buddhisten. Meine Freundin hatte genug vom ruhigen Klosterleben und besuchte stattdessen einen großen Stausee, der ebenfalls nur eine Tagesreise von Lhasa entfernt liegt. Ich hingegen übernachtete in einem Kloster für Nonnen und lernte eine Nomadenfamilie kennen, die mit ihrer Yakherde und einigen Schafen zum Kloster kam, um ihre Tochter zu besuchen. Yaks sehen auf Entfernung sehr lieb und kuschelig aus. Ich habe allerdings noch nie zuvor ein so streng riechendes Tier zu Gesicht bekommen.

Wiedersehen in Lhasa und ein schwerer Abschied
Ganze drei Tage vor unserer Abreise traf ich meine Freundin in Lhasa wieder. Wie schon zu Beginn unserer Reise haben wir uns im Familienhotel mitten in der Altstadt eingemietet. Unser Urlaub war nun fast zu Ende und wir warteten gespannt darauf, was die Mönche aus Tashilhunpo uns so aufregendes angekündigt hatten. Als wir durch die Altstadt schlenderten, noch einmal vorbei am Potala um Fotos zu schießen, fielen uns die vielen Menschen auf, die sich immer wieder nieder warfen, aufstanden, einen Schritt vorwärts gingen und sich dann erneut nieder warfen. Außerdem waren überall frische Blumen aufgestellt und hin und wieder huschten seltsam bunt gekleidete Menschen mit Masken durch die Menge. Ein englischer Tourist klärte uns schließlich auf: Es war Saga Dawa - das Fest, bei dem Geburt, Tod und Übergang ins Nirvana des Buddha Shakyamuni gefeiert werden. Tom, der Engländer, erwies sich in den nächsten beiden Tagen als Tibetologe und wundervoller Fremdenführer. Er zeigte uns noch einige Orte in Lhasa und begleitete uns schließlich zum Flughafen. Nach knapp vier Wochen auf dem Dach der Welt mit seiner einmalig schönen Natur und der so tief verwurzelten Religion fiel uns beiden der Abschied schwer und es dauerte einige Zeit, bis wir uns in unserer Welt wieder eingelebt hatten. Die Eindrücke und Begegnungen dieser Reise werden unvergessen bleiben.