Tallinn - Mein Urlaub [von Niklas]

Urlaub in TallinnIm vergangenen Februar buchten meine Freundin und ich einen Lastminute- Kurztrip nach Tallinn. Da wir bereits einige Reisen nach Skandinavien unternommen hatten, reizte es uns, nun auch einmal das Baltikum kennenzulernen und entschieden uns zunächst für die Hauptstadt von Estland.

Schon nach etwa zweistündigem Flug waren wie in Tallinn gelandet und unser Urlaub konnte beginnen. Die Unterkunft hatten wir bereits am deutschen Flughafen gebucht, unsere Wahl fiel dabei auf ein kleines Hotel am Fuße des Dombergs. Da der Flughafen sich in unmittelbarer Stadtnähe befindet, ist die Innenstadt von Tallinn unkompliziert mit dem Linienbus erreichbar.

Das Hotel erwies sich als kleines Schmuckstück; ein altes herrschaftliches Haus, das gerade liebevoll saniert worden war. Es herrschte ein freundlicher Ton und ein Service, der sich als absolut zufriedenstellend erwies. Gerade bei Reisen in den ehemaligen Ostblock muss man ja darauf gefasst sein, auch einmal negativ überrascht zu werden. So wunderte es uns zunächst auch nicht, als unser zu beziehendes Zimmer leicht zerwühlt und ungereinigt aussah. Auf unsere vorsichtige Reklamation wurde uns jedoch sofort ein neues, perfekt hergerichtetes Zimmer zugewiesen- und der holprige Start sollte sich als einzige negative Erfahrung erweisen. Das Hotel war nach westlichem Standard eingerichtet. Ein Computer mit Internetanschluss war in allen Zimmern vorhanden, zudem lud ein großer Wellnessbereich mit Saunen und Massageangeboten zum Entspannen ein. Auch das gastronomische Angebot war überzeugend. So war das reichhaltige Frühstücksbuffet mit internationalen Spezialitäten bestückt.

Als gewöhnungsbedürftiger als unser Quartier erwies sich da schon das kalte Winterwetter. Mitte Februar lagen die Temperaturen deutlich im negativen Bereich, hinzu kam der eisige Wind, der den Aufenthalt im Freien bisweilen doch sehr beschwerlich werden ließ. Auch wenn wir uns vorher eigentlich als wetterunempfindlich eingeschätzt hatten, mussten wir uns nun eingestehen, dass sich der estische Winter doch erheblich von der kalten Jahreszeit in Deutschland unterschied.

Natürlich ließen wir uns davon nicht die Urlaubsfreude verderben und bemühten uns, in den vier Tagen soviel wie möglich von der Stadt zu sehen. Tallinn teilt sich in eine historische Oberstadt, die ihren Namen der Erhebung des Domberges verdankt, und der diesen umgebenden Unterstadt. Die Oberstadt ist rein historisch geprägt, es finden sich, neben dem Dom, viele sehr alte Kirchen und weitere alte Gemäuer. Ebenso sind hier auch der Regierungssitz der Esten sowie zahlreiche Botschaften, Restaurants und Hotels angesiedelt. Entsprechend ist dieses Viertel Anziehungspunkt für viele Touristen; malerische Gassen laden unmittelbar vor den Hotels zu Spaziergängen ein. Durch die häufig zu überwindenden Höhenunterschiede sind die Besichtigungstouren allerdings nicht ganz unbeschwerlich. Dafür wird man durch zahlreiche Aussichtspunkte mit einem herrlichem Blick über die Stadt und das Umland entschädigt.
Bereits am ersten Abend zog es uns in eines der vornehmen Restaurants am herrschaftlichen Marktplatz der Oberstadt. Der Lage entsprechend, wies hier die Speisekarte wohl die teuersten Preise des ganzen Landes aus. Dass das zubereitete Mahl diesen nicht gerecht wurde, verdarb uns aber nicht die Laune. In den nächsten Tagen speisten wir in eher landestypischen Gasthäusern, wo wir stets preiswert und gut verköstigt wurden. Ungewohnt erschien uns dabei immer wieder die Leidenschaft der Esten für das Fernsehen. Ob Nobelrestaurant oder kleine Bauernschenke: Stets waren die Gasträume mit großen Bildschirmen ausgestattet, auf denen zumeist Sportübertragungen oder alte Heimatfilme liefen. Mit gefülltem Magen kann in der Altstadt dann zahlreichen Vergnügungen nachgegangen werden. Viele Lokale und Pubs laden zum Feiern ein; zudem liegen offenbar Karaoke-Bars im Trend, die häufig einen großen Besucherstrom anzogen.

Möchte man mehr vom Alltag der Esten erfahren, so ist dies in der geschäftigen Unterstadt problemlos möglich. Hier fehlt es oft am Glanz der hergerichteten Altstadt und einige Viertel präsentieren sich noch im spätsozialistischen Charme. Dennoch ist auch hier die Innenstadt ausgesprochen sehenswert und das geschäftige Treiben erinnert an das der mitteleuropäischen Metropolen. Große Einkaufszentren laden zum ausgiebigen Bummeln ein. Vor allem Freunde von Kunstgewerbe finden dabei eine riesige Auswahl vor. In den Boutiquen werden häufig skandinavische Labels jenseits von H&M angeboten, so dass sich die Garderobe problemlos mit einem besonderen und ausgefallenen Stück ergänzen lässt. Die Preise sind zumeist moderat, so dass ein Schaufensterbummel wahrscheinlich mit prall gefüllten Tüten beendet wird.

Nachdem wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigt hatten, wollten wir natürlich auch einmal einen Blick auf die Ostsee werfen. Mit dem Linienbus fuhren wir zu dem Strand, vor dem im Sommer 1980 die Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele von Moskau ausgetragen wurden. Dort erinnerte nur noch wenig an die damaligen Geschehnisse. Neue Hotels warteten hier schon längst auf Besucher, ansässige Segel- und Surfschulen sollten im Sommer zur sportlichen Betätigung anspornen. Zur winterlichen Jahreszeit präsentierte sich der Strand aber verlassen und menschenleer. Kein Wunder: Der Wind wehte hier fast erbarmungslos und die Kälte ließ sich auch durch winterliche Kleidung nicht vergessen machen. Die Ostsee zeigte sich in einem trüben Grau; wir schlenderten am Meer entlang und machten uns warme Gedanken.

Am gleichen Tage statteten wir dem Fährhafen von Tallinn einen Besuch ab. Die unmittelbare Nähe zu Schweden hat zu einem regen Fährbetrieb geführt, mit zahlreichen Linienschiffen ist der ganztägige Transfer nach Stockholm möglich. Offenbar machen von diesem Angebot auch zahlreiche einheimische Pendler Gebrauch, die auf diesem Wege an die besser bezahlten Jobs in der schwedischen Hauptstadt gelangen. Hätten uns auf unserer Reise mehr als vier Tage Zeit zur Verfügung gestanden, wären wir auch zu einem kurzen Abstecher nach Stockholm aufgebrochen. Allein das Beobachten des Auslaufens der majestätischen Fährschiffe lässt sogar dann Fernweh aufkommen, wenn man sich bereits im Urlaub befindet.

So vergingen der kurze Urlaub wie im Flug und schon am nächsten Tage hieß es wieder Kofferpacken und Abschied nehmen. Die restlichen Stunden tauchten wir noch einmal in das vergnügliche Treiben der Altstadt ein und bedachten nunmehr auch die Daheimgebliebenen mit kleinen Aufmerksamkeiten.

Tallinn ist eine sehr schöne, aber auch überschaubare Stadt. Wir hatten das Gefühl, nach wenigen Tagen alles Wesentliche gesehen zu haben. Für eine Lastminute- Kurzreise ist die Stadt daher bestens geeignet.

Auch wenn es sich bei Estland nicht um ein absolutes „Billigland" handelt, kann man dort einen sehr preisgünstigen Urlaub erleben. Vorsicht sollte dabei allerdings bei rein touristischen Angeboten walten, da es sich bei diesen – wie fast überall – gelegentlich um Bauernfänger handelt.